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Frank Oeste, der Außenstellenleiter des Vereins zur Förderung des historischen Segelflugs e.V., vor der Musger23 SL, gebaut 1963.
Tollkühne Männer in ihren Oldtimer-Segelflugzeugen über Gelnhausen

In der letzten Augustwoche fand zum wiederholten Mal die Oldtimersegelflugwoche der Außenstelle Gelnhausen des Vereins zur Förderung des historischen Segelflugs e.V. statt.

Unter strenger Einhaltung der Corona Hygieneschutzmaßnahmen wurde eine Woche lang mit alten, teils sehr raren Segelflugzeugen der Himmel über Gelnhausen genutzt.
Der Verein zur Förderung des historischen Segelflugs e.V. (VFhS) ist in Neuburg an der Donau beheimatet und unterhält auf dem Flugplatz Gelnhausen eine Außenstelle unter der Leitung des Außenstellenleiters Frank Oeste.
Auf die Frage, warum gerade alte Segelflugzeuge noch geflogen werden, wo doch heute die Technik so weit fortgeschritten ist und die "alten Kisten" mit ihrer Flugleistung nicht mehr mit den modernen Konstruktionen mithalten können, erklärt Frank Oeste:
"Das ist vergleichbar mit dem Interesse an alten Autos. Auch hier gibt es Clubs und Vereine, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, alte Fahrzeuge zu restaurieren, zu erhalten und zu fahren. Wir machen das gleiche, nur dass wir nicht fahren, sondern fliegen. Und wir lieben unsere Oldtimer.“
Dementsprechend streng sind die Vorschriften zur Restauration und zum Betrieb dieser alten Segelflugzeuge. Da ist immer ein waches Auge gefragt und die ausführliche tägliche Kontrolle vor dem Start ist ein absolutes Muss. „Mal schnell rechts ranfahren und nachschauen was da klappert, das geht bei uns nicht," meint Frank Oeste und lacht dabei verschmitzt.
Er ist seit 1976 aktiver Segelflieger und Fluglehrer. Auf der Wasserkuppe wurde vor vielen Jahren beim dortigen Oldtimersegelflugclub sein Interesse für die alten Segelflugzeuge geweckt. Nach vielen Jahren im dortigen Verein und als Fluglehrer auf der Wasserkuppe fand er vor 7 Jahren seine zweite fliegerische Heimat beim VFhS.
Mit Begeisterung in der Stimme fügt Frank Oeste hinzu: "Der VFhS gibt mir genau das, was schon immer mein Traum war: An meinem Heimatflugplatz Gelnhausen Oldtimer zu fliegen und mit Gleichgesinnten dieser speziellen Sparte der Segelfliegerei nachzugehen."
An die 20 aktive Segelflieger aus dem Aeroclub Gelnhausen gehören auch gleichzeitig dem VFhS an. Im Sommer wird geflogen und im Winter wird in der Werkstatt gebastelt und es werden Wartungsarbeiten durchgeführt. Je älter die Konstruktion des Segelflugzeuges desto mehr Aufwand erfordert es, die Flugtüchtigkeit zu erhalten.
Das älteste Segelflugzeug, das der Verein betreibt, ist ein Kranich II von 1937. Ein Doppelsitzer auf dem damals mit Fluglehrer auf dem hinteren Sitz gemeinsam das Fliegen erlernt wurde.
Das Hauptaugenmerk muss bei den alten Segelflugzeugen auf den Leim gerichtet werden, mit dem die Flugzeuge aufgebaut worden sind.
Frank Oeste erläutert: "Wer hat schon 1937 damit gerechnet, dass das gerade fertig gestellte Segelflugzeug auch im Jahr 2020 noch fliegen soll. Es gibt Leimsorten, die nach so langer Zeit verglasen und brüchig werden. Dann heißt es, die gesamte Bespannung herunterzuziehen, alle Leimstellen sorgfältig zu prüfen und nachzuleimen. Das ist sehr aufwändig und teilweise kostet es mehr Zeit als ein Neubau. Aber das Interesse ist es ja, das Original zu erhalten. Das machen wir im Verein alles selbst. Wir haben Werkstätten und ausgebildetes Personal, die das möglich machen."


Drei der Oldtimer warten auf den Start an der Winde in Gelnhausen.
Trotz teilweise mäßigen Wetters wurde intensiv geflogen.


Fest stationiert am Flugplatz Gelnhausen sind eine Olympia Meise von 1954 mit der Werknummer 1 nach dem Krieg und eine Musger23 SL, gebaut 1963 in Spital an der Drau/Kärnten. Von diesem Flugzeug gibt es nur noch 3 flugfähige Exemplare.
Neu dazugekommen ist eine Ka2b Rhönschwalbe. Ein doppelsitziges Holzflugzeug von 1959, konstruiert und gebaut bei der heute noch existenten Firma Alexander Schleicher Flugzeugbau aus Poppenhausen/Rhön.
"Auf die Ka2b bin ich besonders stolz. Mit ihr haben wir neben den beiden Einsitzern Meise und Musger nun auch endlich wieder einen Doppelsitzer mit dem wir Einweisungen für neue Piloten aber auch gemeinsame Flüge zu zweit aus Spaß an der Freude machen können."
Als Gastflugzeuge waren noch die K8b mit Cabriolet Haube aus Neuburg und das Grunau Baby II des Oldtimersegelflugclubs von der Wasserkuppe mit dabei.
Bis auf den Mittwoch, an dem es so sehr stürmte, dass kein Flugbetrieb möglich war, wurde an jedem Tag geflogen.
An der Vereinswinde des Aeroclub Gelnhausen startete ein Oldtimer nach dem anderen, so dass am Ende der Woche 145 Starts und 46 Flugstunden zusammen kamen.
Bedenkt man, dass mancher Flug nur 5 Minuten dauert, ist allein die Bodenmannschaft jeden Tag gefordert gewesen, denn zurück nach der Landung geht es bei den Segelfliegern nur zu Fuß und per Handkraft. Einen Motor zum selbstständigen Rollen gibt es nicht.
Abends wurde, natürlich mit vorgeschriebenem Abstand, so manches Bierchen getrunken und zu später Stunde kam auch manchmal ein bisschen Fliegerlatein auf.
Aber genau das macht es aus, das Hobby der tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten



(05.09.2020. Frank Oeste, Ekkehard Makosch, Aero-Club Gelnhausen e.V.)
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